Hugo Portisch - Ein weltoffener Wiener aus Pressburg

Hugo Portisch Goes Digital

Das Projekt Hugo Portisch- ein weltoffener Wiener aus Pressburg möchte die zeithistorisch bedeutsame Arbeit und das Leben Hugo Portischs würdigen, indem dessen umfangreicher Nachlass digitalisiert und zur weiteren Verwendung in Wissenschaft und Forschung aufbereitet wird.

Nach Hugo Portischs Tod im April 2021 kam das Institut für Zeitgeschichte, dem Hugo Portisch auch durch die freundschaftliche Verbindung zum Institutsvorstand und Initiator dieses Projektes, Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb, sehr verbunden war, in Besitz seines Nachlasses:  In 83 Ringordnern mit knapp 35.000 Seiten Schriftgut in Form von Korrespondenzen, Publikationen, persönlichen Notizen, Kalendern oder Vortragsmanuskripten, sowie 13 weiteren Kartons mit audiovisuellem Material in Form von VHS-Kassetten und DVD‘s, zahlreichen Fotos aber auch Auszeichnungen und Preisen, werden über ein halbes Jahrhundert Weltgeschehen und österreichische Zeitgeschichte zum Leben erweckt.

Gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7)

Wissenschaftliche Relevanz

Bereits eine stichprobenartige inhaltliche Erschließung des Materials brachte zeithistorisch hochinteressante Dokumente ans Tageslicht:

Nach einem ZIB 2-Interview vom 19. Juni 1991, in dem Hugo Portisch die Opferrolle Österreichs im Zweiten Weltkrieg öffentlich in Frage stellte, wendete sich der damalige Bundeskanzler, Franz Vranitzky, in einem emotionalen Brief an den Journalisten. Der darauffolgende, gut dokumentierte Briefwechsel, belegt ein kurz darauf stattfindendes Gespräch zwischen Portisch und Vranitzky, welches nicht zuletzt zur berühmten Rede Franz Vranitzkys im Nationalrat führte.

Eingebettet in den Entstehungskontext des Briefes sowie den damaligen politischen und gesellschaftlichen Diskurs eröffnet dieses Dokument bisher unzugängliche Perspektiven auf diese Umbruchsphase der jüngeren österreichischen Geschichte und das Zusammenspiel von Journalismus, Zeitgeschichte und Geschichtspolitik.

Auch die Frühzeit von Hugo Portischs Karriere in Wien und seine Studienzeit von 1945 bis 1956 können in ersten Vorstudien beleuchtet werden, andererseits werden auch andere bedeutsame Ereignisse, wie die Zeit des Rundfunkvolksbegehrens 1964 oder der Skandal um Kurt Waldheim 1986, untersucht.

 

 

Brief Hugo Portischs an den damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky nach deren Unterredung, 4. Juli 1991, ©Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb

Technische Umsetzung

Die Digitalisierung des Materials erfolgt mittels modernster Techniken der Quellen- und Texterfassung: In Kombination mit der „DocScan-App“ ermöglicht das „ScanTent“  Dokumente schnell und präzise mit einfachen Smartphones zu scannen. DocScan nimmt das Bild automatisch auf, sobald eine Seite umgeblättert wird, und hält an, solange dieselbe Seite der Kamera vorgelegt wird. Mehrere Projektmitarbeiter*innen digitalisieren so die ~35.000 Dokumente, eine Mischung aus maschinengeschriebenen und handschriftlichen Schriftstücken, die in weiterer Folge mittels Transkribus, einer „umfassenden Plattform für die Digitalisierung, Texterkennung mithilfe Künstlicher Intelligenz, Transkription und das Durchsuchen von historischen Dokumenten“ für weitere Forschungen aufbereitet werden. Somit können große Datenbestände digitalisiert und kollaboratives Arbeiten ermöglicht werden, um das volltexterfasste Material weiteren Forschungen zur Verfügung zu stellen.

Screenshot der automatisierten Transkription eines Leserbriefs an Hugo Portisch, datiert mit dem 13. Oktober 1964, ©Maximilian Brockhaus

Lange Nacht der Forschung

Bei der Langen Nacht der Forschung am 20. Mai 2022 konnten erste Projektergebnisse und der Digitalisierungsprozess einem breiteren Publikum vorgestellt werden. Fotos: Siehe Slideshow unten.